Dienstagswelt
was a weekly event series presenting a wide range of artists playing strictly electronic music - live and as DJs. Berlin's most recognized elec- tronic music event on a TUESDAY with a nice mixture of local and international audience. We celebrated our partys at RAW.tempel, MIKZ and CASSIOPEIA - located in a former industrial complex in Friedrichshain [S/U Warschauer Str.]. The rough warehouse sites were picking up the rare charme of early rave venues and combining it with the typical Berlin party style & flavor.

11.09.2012 :: Varianz Labelnacht

Line-up:
Live:
Raeyk :: Varianz

DJs:
Paul Brtschitsch :: Rootknox // Leena Music // Varianz // Broque // Ostgut Ton
Mariano DC :: VARIANZ // ANDES MUSIC // RESOPAL [Buenos Aires]
Toni Oskari :: PlusPlus

Oh je... was soll das bloß mit der Berlin Music Week ?? Vor drei Jahren hat das Ganze mal ganz ambitioniert gestartet - als Versuch, alle Akteure des Berliner Musikzirkus zusammen zu führen, sodass sich unser schönes Provinznest in all seiner Vielfalt der großen, weiten Welt präsentieren konnte. Als erstes scherte die a2n (alltogethernow) aus, das Netzwerk alternativer Musikaktivisten. Das waren quasi die Schmuddelkinder des Business, die nicht mit den rosa Plastikförmchen der Popkomm rsp. Dieter Gorny's Popindustrie spielen wollten, sondern sich um eigene, ungewöhnlichen DIY Tools bemühten. Die damals naserümpfende Popkomm ist mittlerweile auch Geschichte. Bye bye, Baby... Auf das einstige Messe-Flagschiff des Musikstandorts Deutschland (wozu sie sich im rheinischen Köln entwickelt hatte) machten die Berliner letztes Jahr endgültig den Sargdeckel drauf. Dennoch sicherte sich die für ihren Spürsinn bekannte "Kulturprojekte GmbH" (eine Senatseigene GmbH, die zwar mit Steuergeldern ausgestattet wird, die sich aber einer politischen Kontrolle des Senats durch die private Rechtsform entziehen kann) die Rechte am verbrannten Markennamen. Man weiß ja nie, ob man damit nicht irgendwann doch noch mal einen Zombie-Walk inszenieren kann... Und nun stehen auch hinter der Clubnacht im Rahmen der BMW mehrere dicke Fragezeichen. Hinter den Kulissen arbeitet der Chef der zuvor erwähnten Kulturprojekte GmbH, Björn Döring, mit Hochdruck daran, der ClubCommission als Organisationspartner auch die letzten Reste von Wertschätzung und Planbarkeit zu entziehen. Was bleibt ist das Berlin Festival, das laut Inforadio vom Samstag "seelenlose Großspektakel" zwischen Autoscooter, kandierten Äpfeln und Werbe-Overkill... Na, wenn die Berliner eins können, dann Großprojekte versemmeln! In einem Gastbeitrag in der Berliner Zeitung am Samstag schwadroniert sein Namensklon Björn Böhning, seines Zeichens Leiter der Senatskanzlei: "Die Berlin Music Week hat fulminant begonnen... Das Lineup des Berlin Festivals zeigt: Internationale Größen zieht es nach Berlin. Daran muss die Szene jetzt anknüpfen und in ihrer ganzen Bandbreite weltweit überzeugen." Das ist noch größerer Blödsinn als der, den wir uns an dieser Stelle oft ausdenken - allerdings bringt er damit niemanden zum schmunzeln. Ist es nicht genau anders herum? Nämlich, dass die Musikszene internationale Größen nach Berlin zieht - auf das sich das Berlin Festival mit in den Allerwertesten draufsetzt - und mit Hilfe in den selben geblasenen Fördergelder sowie einer entfesselten Sponsoringmaschine einen Hype zu generieren versucht, der jeden seriösen Akteur im Musikbusiness - sowie Liebhaber authentischer Kultur - die Nackenhaare aufstellt? In welchem Paralleluniversum leben diese Leute eigentlich?

Jedenfalls kann es nicht das Universum sein, in dem sich die Dienstagswelt Woche für Woche dreht. Das funktiniert nämlich nach ganz, ganz anderen Gesetzen! Im Gegensatz zum Rummelplatz am Flughafen Tempelhof (an dem es mehr nach Zuckerwatte als nach Ganjah riecht) sind noch Self-made-Musiker, DJs aus Leidenschaft und dem eigenen Lebenstraum verhaftete Labels gefragt - wie z.B. die Protagonisten der heutigen Varianz-Labelnacht. Das Berliner Vorzeige-Label kommt, wie unsere gesamte Wunderwelt, ganz ohne Fördergelder und Sponsorengeblödel aus, einzig ein Kulturbeitrag in Form des Eintritts sorgt dafür, dass wir uns heute wieder einem unbeschwerten, musikalisch anspruchsvollen Spätsommervergügen hingeben können. ...Das zudem so international besetzt ist, wie sich Herr Böhning das wohl gar nicht für eine solch kleine Szeneveranstaltung vorstellen kann: Nicht nur, dass Paul Brtschitsch seit vielen Jahren ein herausragendes und weltweites Aushängeschild für Berliner Elektrokultur ist: Mariano DC etwa kam einst aus dem fernen Buenos Aires nach Berlin, lange bevor Experte Böhning die Szene aufzurütteln versuchte. Außerdem beehren uns heute mit Raeyk der Varianz-Labelchef höchstpersönlich sowie der Gema-frei produzierende Toni Oskari vom Netlabel Plusplus. Wir finden, dass hat viel mehr mit authentischer Berliner Musikkultur zu tun, als das Spektaktel am Flughafen... Oder leben am Ende wir im Paralleluniversum der Bedeutungslosigkeit? Und: wollen wir wirklich nüchtern weiter darüber sinnieren?

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